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Der April, der macht, was er will

Grüßt euch,

das Wetter ist die ersten Tage dieses Monats wirklich frühlingshaft, ich spiele sogar schon mit dem Gedanken meine Winterjacke in den Schrank zu verbannen. Es ist mein freier Samstag, der Schnee ist komplett geschmolzen, die Sonne scheint und ich habe Lust rauszugehen. Also die perfekte Möglichkeit, um einen Ausflug nach Downtown zu machen und die Stadt zu erkunden. Nach kurzer Busfahrt angekommen, spaziere ich durch die Straßen, unterhalte mich mit ein paar Einheimischen und stöbere in einer Second Hand Buchhandlung. Auch wenn ein paar Leute unterwegs sind, kommt es mir immer noch ziemlich leer hier vor. “Die versuchen das zu ändern, aber es tut sich nicht wirklich was”, bekomme ich zu hören, als ich frage, ob in Downtown immer so wenig los sei . Ein anderer Passant meint, es würde nur bei Ice Hockey Spielen wirklich voll werden. Ich überlege noch in die “City Centre Mall” zu gehen, die hat um 5 Uhr aber leider schon geschlossen. Also setzte ich mich schließlich bei Subway rein, um mich zu stärken. Als die Filiale schließt, mach ich mich auf den Heimweg.

Downtown ist nicht besonders schön, wenn man von der Skyline absieht. Alles ist sehr “klotzig” und eintönig. Wenn ich da im Vergleich die Heidelberger Altstadt heranziehe, kann Edmonton einpacken. Dennoch, es gibt schon ein paar Shopping Möglichkeiten, sowie Cafes, Restaurant und Pubs. Was ich wirklich krass finde, ist, dass die großen Ketten sich alle ausschließlich in den Einkaufszentren ansiedeln. Ich habe das Gefühl da sind die uns hier schon etwas voraus. Ob im positiven oder negativen Sinne, das muss jeder für sich selbst beantworten.

 

Abends gehe ich noch feiern und lerne in der Schlange vor O’Byrnes, dem Pub in dem ich schon öfter war, Jeff kennen und bin den Abend über mit ihm unterwegs. Jeff kommt aus Calgary und studiert aktuell an der University of Alberta in Edmonton. Drinnen angekommen geht wenig, also checken wir einen anderen Pub namen Beercade aus, der sich nachts ebenso in einen Club verwandelt. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass es Clubs im eigentlichen Sinne in Edmonton überhaupt nicht gibt. Stattdessen sind auf der Wythe Ave einge unterschiedlich große Pubs zu finden, die nachts mit Licht und DJs umfunktioniert werden, so wie Beercade oder O’Byrnes. Gegen 2 Uhr macht dann aber auch alles dicht, also bis früh morgens feiern wie auf der Reeperbahn ist nicht drin. Es soll wohl auch immer mal wieder Clubs gegeben haben, die sich aber nie halten konnten. Ich finde die Pubs hier auf jeden Fall ganz nice und gerade Beercade hat mir sehr gut gefallen. Von dem Möglichkeiten zum Ausgehen ist Edmonton gut mit Heidelberg zu vergleichen, wie ich schonmal in einem anderen Blogpost erwähnt habe. Ich bin schließlich um 4 Uhr nachts wieder zuhause - es war ein gelungener Abend.

 

Als ich diesen Blogpost verfasse ist Freitag, der 15. April. In den letzten Tagen hat das Wetter umgeschlagen, es ist wieder kalt geworden. Der Winter ist also doch noch einmal zurück, es wirkt ein bisschen wie das letzte verzweifelte Aufbäumen. Ich kann es kaum glauben, aber es schneit sogar wieder. Der perfekte Moment also, um Edmonton hinter sich zu lassen - zumindest, bis es (hoffentlich) wieder wärmer wird. 

Ein guter Freund von mir ist aktuell in Costa Rica und macht dort auch eine Art “Freiwilligendienst”. Seit Januar ist er im Land, insgesamt verbringt er dort fast vier Monate. Ich würde das ganze aber nicht als Freiwilligendienst bezeichnen, es ist Urlaub. Es handelt sich um eines dieser Bezahlangebote, das nicht durch Förderer und Förderung finanziert wird, sondern ganz aus der eigenen Tasche. Dementsprechend hat man aber auch eine sehr entspannte Zeit und wenig zu tun. Julian macht dort ein paar mal die Woche Fußballtraining und lebt mit anderen “Freiwilligen” in einem Haus in Uvíta, einem kleinen Ort am Meer im Süden Costa Ricas. Die Sonne scheint, das Meer ist nicht weit weg und manchmal begegnet man auf dem Weg zum Strand sogar Affen. Die Ticos nennen das “Pura Vida”. Das ganze kann er sich am Ende sogar noch als Praktikum anrechnen lassen. Böse Zungen würden behaupten der Neid spricht aus mir, dem widerspreche ich natürlich vehement. Freiwilligendienst hin oder her, ich habe mir Urlaub genommen und werde meinen Freund besuchen. Sonntagnacht geht schon mein Flieger. In Costa Rica gibt es traumhafte Strände, sowie haufenweise exotische Pflanzen und Tiere zu sehen. Deshalb werde ich meine Handykamera im Dauereinsatz haben, um euch im Anschluss ein paar Eindrücke von meinem Urlaub zu geben.

 

Als ich gestern bei der Bank war, um mir eine Reserve an US-Dollar für meine Reise auszahlen zu lassen, habe ich mich etwas mit der TD-Mitarbeiterin hinterm Tresen unterhalten. Während wir auf meine Geldscheine warten, frage ich sie, was es hier in der Stadt noch für Sehenswürdigkeiten gibt und ob es ihr gefällt. Sie erwidert, wie viele andere zuvor, dass es in Edmonton nicht wirklich viel zu sehen gibt. Der Grund, wieso diese Stadt dennoch eine Millionen Einwohner hat und immer weiter wächst scheint woanders zu liegen. Aufgrund der massiven Ölvorkommen ist Edmonton eine der billigsten Städte Kanadas. Die Lebenshaltungskosten sind so niedrig wie in kaum einer Stadt in ganz Nordamerika. Abgesehen davon gibt es drei gute Unis und viele Jobmöglichkeiten. Auch sie sei hier eher unfreiwillig aufgrund ihres Studiums gelandet. Das erinnert mich ein bisschen an mich, der ja auch eigentlich nach Boston gehen wollte. Wieso sie denn immer noch hier wohnen würde, obwohl es ihr scheinbar nicht so gut gefalle, frage ich sie. Sie ist ratlos. Hier bleiben wolle sie in jedem Fall nicht.

 

Inzwischen ist mehr als die Hälfte meines Dienstes bereits rum. Edmonton ist definitiv nicht die schönste Stadt Kanadas und hat auch nicht besonders viel zu bieten. Aber ein paar Möglichkeiten gibt es dennoch und es geht hier ja auch nicht nur um meinen Wohnort, sondern um alle Erfahrungen die ich hier, etwa bei meiner Arbeit, sammel. Ich habe schon jetzt unglaublich viel für meine Persönlichkeitsentwicklung mitnehmen können und bin dankbar für all diese Erfahrungen, die ich machen kann. Ich habe so viel Zeit wie nie mit mir selbst verbracht, mich besser kennengelernt und viel reflektiert. Schon alleine für die Englischkenntnisse, die ich hier gewinnen kann, war es das wert, meinen Freiwilligendiesnt zu absolvieren. Aktuell verbringe ich, wie schon im letzten Eintrag erwähnt, viel Freizeit damit mir über meine Zukunft Gedanken zu machen. Ich bin mir sicher, dass ich im Oktober in einer deutschen Großstadt anfangen werde zu studieren. Jetzt bin ich dabei den passenden Studiengang zu finden, um mich im Juni zu bewerben. Ich interessiere mich vor allem für “Politikwissenschaft”, aber auch “Geschichtswissenschaft” und “Medien und Kommunikation” finde ich spannend. 

In Costa Rica werde ich jetzt einfach mal abschalten und mir für rund zwei Wochen keine Gedanken über meine Zukunft oder ähnliches machen. Danach genieße ich noch die etwas mehr als zwei Monate hier und mache mich nach einer kleinen Reise in ein paar Städte Nordamerikas auf den Rückweg nach Deutschland. Denn eines steht fest: für immer werde auch ich hier nicht bleiben.