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Von Edmonton nach Uvita - meine Reise gen Süden

Moin moin,

 

 

seit ich nach Kanada zurückgekehrt bin, sind jetzt schon einige Wochen vergangen und dementsprechend ist es höchste Zeit euch von meinem Urlaub in Costa Rica zu berichten. Entgegen meiner ersten Erwartung habe ich Nordamerika, wo ich mich jetzt seit Dezember befinde, gar nicht verlassen. Auch Zentralamerika gehört seinerseits zum nördlichen Teil Amerikas, wobei Costa Rica südlich nurnoch Panama von Kolumbien, dem nördlichsten Staat Südamerikas, trennt. So viel zur Geographie des Landes, das knapp fünf Millionen Einwohner fasst und flächenmäßig fast 200-mal in Kanada passt. 

Als ich am Montag, dem 18. April, gegen 13:30 Ortszeit den Flughafen in San Jose verlasse, fühlt es sich ein bisschen an, als ob ich gegen eine Wand laufen würde. Das Wetter ist schwül und heiß, wobei es eher die Luftfeuchtigkeit ist, die mir den Schweiß auf die Stirn treibt. Um den Ausgang des Flughafen herum haben sich haufenweise Ticos jungen und mittleren Alters versammelt, die es sich zum Ziel gemacht haben, die anderen Ankömmlinge und mich von einer mehr oder weniger günstigen Taxifahrt ans Wunschziel zu überzeugen. Einer der jungen Männer bleibt auch nachdem ich dankend abgelehnt habe hartnäckig und ist sich sicher, den letzten Bus nach Uvita könne ich gar nicht mehr erreichen. Stattdessen solle ich mich doch einfach von ihm direkt an mein Ziel kutschieren lassen. Dass ich kein Internet habe und somit auf freies Wlan angewiesen bin, macht es nicht unbedingt einfacher ein Uber zu rufen, schließlich gelingt es mir aber und ich finde den Pick Up Point eine Etage höher. Laut meinem Fahrer ist Uber nicht so ganz legal in Costa Rica, die Taxifahrer seien nämlich gar nicht gut auf die günstigere Konkurrenz zu sprechen. Angekommen beim Busbahnhof kaufe ich mir ein Ticket und warte auf meinen Bus, der, ihr könnt es euch denken, noch lange nicht abgefahren ist. Ganz im Gegenteil, ich muss sogar noch etwa mehr als eine halbe Stunde warten, dann geht es pünktlich um 15:30 Uhr los. Als wir nach etwas mehr als 4h mein Ziel erreichen, ist es schon lange dunkel. Wieder das selbe Problem, kein Internet und diesmal leider kein auch kein Wlan in Reichweite. Also frage ich ein paar französische Touristen, die noch auf einen späteren Bus raus aus der Stadt warten, um Rat. Ich gebe ihnen die Adresse meines Airbnbs und fotografiere die Google Maps Route einfach ab.

Uvita lässt sich grob in zwei Teile einteilen: den an und oberhalb und den unterhalb der großen Straße, der sich bis zum Strand erstreckt. Dass Costa Rica trotz des unter anderem durch Tourismus erzeugten wirtschaftlichen Aufschwung immer noch ein Entwicklungsland ist, lässt sich etwa an fehlenden Bürgersteigen erkennen. Man läuft de facto am Rand der großen Straße, während nicht selten riesige Lkw mit knapp 70 Sachen an einem vorbei rasen. Auf dem Fahrrad habe ich da schon das ein oder andere mal mein Leben an mir vorbeiziehen sehen - definitiv also nichts für ungeübte Radfahrer oder solche mit schwachen Nerven.

 

Zurück zu mir, ich befinde mich inzwischen auf dem Weg Richtung Airbnb und bin nach der Brücke über den Fluss von der großen Straße weg rechts abgebogen, befinde mich also jetzt im unteren Teil. Und wie der Zufall es so will, treffe ich auf Julian, der gerade zusammen mit seinem Mitbewohner eine neue Freiwillige vom Busbahnhof abholen möchte, die mir ein paar Meter voraus war. Wir teilen uns auf, Julian und ich laufen gemeinsam zu meinem Airbnb, das zum Glück nicht weit weg von seiner Unterkunft ist, zu der sich die anderen beiden auf den Weg machen. In Uvita gibt es keine Straßennamen, aber die Wegbeschreibung ist genau, deshalb finden wir meine Bleibe ohne Probleme. Das Haus ist, wie einige hier, kein "normales" Haus, sondern es wurden etwa fürs Dach auch Metallplatten und andere Materialien verwendet. Der “Architekt” hatte definitiv einen Plan von dem was er macht und das Haus als Bruchbude zu bezeichnen wäre nicht zutreffend, obwohl es in dieser Form in Deutschland niemals so gebaut werden würde. Es hat Struktur und die Fenster sind sogar vergittert, wäre wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen - Costa Rica zählt zu den sichersten Ländern Zentralamerikas. Wobei, so sicher vielleicht dann doch nicht, es ist immer noch Mittelamerika. 

Meine Gastgeberin namens Lorena empfängt mich freundlich und zeigt mir mein Zimmer, das Bad und die Küche, während Juli übersetzt. Von meinem Schulspanisch ist nach vier Jahren leider kaum noch etwas übrig geblieben. Nach fast 24h on the road - gegen 22 Uhr am Vorabend habe ich ein Uber zum Flughafen genommen - muss ich dann erst einmal duschen. Danach gehen wir noch im oberen Teil der Stadt einen Burger essen und lassen den Abend ausklingen. In der ersten Nacht habe ich so meine Probleme bei den vollkommen ungewohnten klimatischen Bedingungen Schlaf zu finden. Die Atmosphäre hingegen ist ziemlich angenehm. Aufgrund dessen, dass das Haus recht offen gebaut ist, hat man eine sehr angenehme Geräuschkulisse, die es sich ein bisschen so anfühlen lässt, als ob man unter freiem Himmel schlafen würde. Ob der Hahn beim Nachbar daran seinen Beitrag leistet, indem er jede Nacht schon um 4 Uhr anfängt zu krähen, sei jetzt mal dahingestellt. 

 

Am nächsten Morgen steht Juli gegen kurz nach 10 vor der Tür und nach etwas Wartezeit machen wir uns schließlich auf den Weg zum Strand. Lorena hat mir freundlicherweise gratis ein Fahrrad zur Verfügung gestellt, weshalb ich guten Gewissens darüber hinwegsehen kann, wie unglaublich schlecht sich dieser viel zu kleine Drahtesel fahren lässt. Der Strand befindet sich inmitten eines Nationalparks voller exotischer Tiere, die aber schwierig zu finden sind. Um etwa Affen oder Papageien zu entdecken, braucht man entweder einen Guide oder eine ordentliche Portion Glück. Aber heute sind wir ja primär wegen des Strands hier, für welchen man aus dem eben genannten Grund tatsächlich Eintritt zahlen muss. Und nein, mit einem Euro Fünfzig ist es nicht getan. Schlappe 6$ verlangen die Rangers, um in den Park hineingelassen zu werden. Für junge Leute, die das Geld brauchen, gibt es aber auch einen Weg am Zaun vorbei - habe ich mir zumindest sagen lassen. Der Strand selbst ist ein Traum. Von Palmen umgeben blickt man aufs weite Meer des Südpazifiks und kann währenddessen Sonne tanken. Allzu lange können wir diesen Anblick heute aber nicht genießen, denn gegen 12:45 Uhr Ortszeit müssen wir bereits zurück sein, um das DFB-Pokal Halbfinale zu schauen. Wenn jemand von euch gedacht haben sollte im Urlaub würde ich die HSV Spiele ausnahmsweise mal nicht verfolgen - falsch gedacht. Gegen 14:30 Uhr fährt Julian schließlich zum Fußballtraining, während ich das Spiel noch fertig schaue - leider mit keinem erfolgreichem Ausgang. Den Nachmittag über chillen wir noch ein bisschen bei mir und gehen abends zusammen bei der Santa Burguesa essen. Glaubt mir, die Burger dort sind wirklich ein Traum, und der Preis, 4000 Colonnes (5,50€) ein Witz (inklusive Pommes). Kein Wunder also, dass Juli dort Stammkunde ist und wir mit einem herzlichen “Pura Vida” begrüßt werden. Dieses Sprichwort spiegelt die Lebensweise der Ticos perfekt wieder: entspannt, ohne Stress, Pura Vida halt.

Die nächsten Tage verlaufen alle in etwa nach demselben Muster, wir treffen uns meist am späten Vormittag, unternehmen etwas, dann geht Julian zum Training und gegen kurz nach 4 treffens wir uns erneut und fahren zum Strand oder machen etwas anderes. Die Abende sind immer lang und ich muss ehrlich sagen, Imperial, das Costa Ricanische Bier, dessen Wappen mit deutscher Brille ein bisschen rechtsradikal aussieht, kann man sehr gut trinken. Am Donnerstag radeln wir in die Berge und wandern durch einen kleinen Dschungel, bis wir an einem Wasserfall ankommen, der als natürliche Wasserrutsche bezeichnet werden kann. Die Rutsche mündet in ein kleines natürliches Becken. Wirklich sehr cool. 

Am Samstag wollen wir gemeinsam mit ein paar anderen Freiwilligen aus Julians Haus in die Coco Bongo Bar feiern gehen. Die Bar liegt nahe des Nationalparks im unteren Teil Uvitas. Letztendlich wird es eine sehr lange Nacht, also muss der Sonntag zum entspannten Strandtag ernannt werden. Wir verbringen den Nachmittag bei gutem Wetter am traumhaften Strand des “Parque Nacional Marino Ballena”. Am Montag sind wir wieder unterwegs, dieses mal geht es durch einen reinen Bambuswald ans Wasser. Juli hatte die Wasserstelle vorher als Whirlpool bezeichnet, ein bisschen spektakulärer vorgestellt habe ich es mir schon. Ein bisschen Wasser inmitten von Felsen und ein Mini Wasserfall. Außer uns ist aber fast niemand dort, was den Spot doch ganz cool gemacht hat. Abends gehen wir zum dritten und letzten mal in der Santa Burguesa essen, dieses mal probiere ich den Chicken Burger und dazu ein kaltes Imperial. Dienstag ist unser letzter gemeinsamer Tag, also machen wir uns morgens auf an den Strand und schauen uns auch den Nationalpark selbst etwas genauer an. Tatsächlich spotten wir zwei Papageien und Juli ist sicher kurz ein Krokodil im Wasser des ins Meer mündenden Flusses, beobachtet zu haben. Nach dem Training fahren wir mit unseren Rädern etwa eine halbe Stunde entlang der großen Straßen in Richtung Osten und landen schließlich beim Playa Hermosa. Der Strand ist ebenso wunderschön wie der in Uvita, die Wellen sind sogar etwas stärker. Entspannt genießen wir den Sonnenuntergang und machen uns gegen kurz nach 6 auf den Rückweg nach Uvita. Abends gehen wir Sushi essen und lassen unseren letzten Abend zusammen ausklingen.

 

Am nächsten Morgen fahre ich ganz früh morgens mit dem Bus nach Manuel Antonio, einem kleinem Ort eine Stunde östlich von Uvita. Dort gibt es einen sehr bekannten gleichnamigen Nationalpark, in dem ich um 10 Uhr morgens eine Führung gebucht habe. Ursprünglich wollte ich schon am Dienstag Uvita verlassen, habe mich aber mich kurzfristig umentschieden und bin eine Nacht länger als geplant geblieben. Jetzt ist Mittwoch, ich stelle das Gepäck beim Airbnb, dessen Übernachtung ich nicht genutzt habe, ab und uber zum Nationalpark. Unser Guide hat eine Art Fernrohr mitgebracht, weshalb wir die von ihm aufgespürten Tiere gut beobachten können. Von Affen über Faultiere bis hin zu Vögeln und Krebsen ist alles zu sehen. Die Führung ist sehr spannend und überaus informativ. Entgegen dem Eindruck der meisten Unwissenden, mich bis dahin eingeschlossen, Faultiere seien ziemlich entspannte, ungefährliche Tiere, erzählt er von einem Bekannten, der beinahe von einem der Tiere um seinen Arm erleichtern worden wäre. Dazu kommt es aber nur, wenn man den etwa 30 kg schweren Tieren etwa über die Straße helfen möchte. Später treffe ich noch auf eine Gruppe von kleinen Affen, die ganz und gar nicht scheu sind und mir sehr nah kommen. Eines der Highlights des Nationalparks ist aber definitiv der Strand. Ein langer traumhafter Sandstrand mit unglaublich blauem Wasser. Nach meinem Tag im Manuel Antonio nehmen ich den letzten Bus zurück in die Hauptstadt, San Jose. Mein Airbnb liegt außerhalb der Stadt in der Nähe des Flughafens, deshalb habe ich mal wieder ein Problem - kein Wlan in Reichweite. Letztendlich bleibt mir nichts anderes übrig, als ein Taxi zu nehmen; schlimmer konnte es nicht kommen. Nach der Fahrt werde ich um 25 000 Colonnes erleichtert, mit Uber hätte ich ⅓ des Preises bezahlt - Bargeld habe ich jetzt auch keines mehr. Ich checke in mein Airbnb ein und gehe früh schlafen.

Nächster Tag, Freitag, der 28. April. Heute geht es nach 10 Tagen Costa Rica wieder zurück Richtung Norden. Etwas später als geplant landen wir nach 5h Flug gegen kurz vor 20 Uhr Ortszeit in Toronto. Am nächsten Morgen fliege ich dann schließlich zurück nach Edmonton. Da Toronto ziemlich östlich, nicht weit weg von New York City, liegt, sind das noch einmal 4h Flugzeit. Am 30. April lande ich also morgens um 10:30 Uhr pünktlich in Edmonton, mein 12-tägiger Trip ist beendet. Costa Rica war eine unglaublich wertvolle und tolle Erfahrung, ich bin glücklich und dankbar für die Chance, ein völlig unbekanntes Land kennenzulernen. Costa Rica verfügt über eine beeindruckende Natur, exotische Tiere und wunderschöne Strände. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals zuvor eine so gute Mango gegessen zu haben. Und Essengehen ist auch nicht allzu teuer, während die Supermarkt Preise nicht viel günstiger als Zuhause  sind. Das Land ist längst kein Geheimtipp mehr, von Jahr zu Jahr wird es gerade in Kanada oder den USA beliebter. Dennoch, es ist definitiv ein Besuch wert. Jeder sollte einmal in den Genuss von Zentralamerika und dieser völlig andere Lebensweise kommen. Ich kann es zumindestens wärmstens empfehlen. Pura Vida!